Es wird Zeit, das
Bundesamt für Verfassungsschutz aufzulösen. Seine Aufgabe als Bollwerk gegen die drohende Infiltration feindlicher Agenten aus der Sowjetunion oder der DDR besteht nicht mehr. Anti-Spionage und Anti-Terror Einsätze sowie Bekämpfung der Korruption und Verfolgung von Sachbeschädigungen sind Aufgabe der Polizei.
V-Leute sind keine Lösung, sondern das Problem
Geheimdienste ... sind nach wie vor die große Unbekannte in der Entstehung und Entwicklung des Terrorismus, des bundesdeutschen ebenso wie des mit ihm verflochtenen internationalen Terrorismus. (Wolfgang Kraushaar)
- V-Leute des Verfassungsschutz hatten erheblichen Anteil an der Radikalisierung der Studentenbewegung 1968. Vor allem der V-Mann Peter Urbach wird immer wieder als Agent Provocateur genannt, der auch Waffen und Molotow-Cocktails lieferte und nach seiner Entarnung vom Verfassungsschutz ins Ausland gebracht wurde.
- Die Verflechtungen von Verfassungsschutz und RAF sind noch immer nicht aufgeklärt. Aus alten Unterlagen der Stasi geht hervor, dass Verena Becker offenbar vom Verfassungsschutz "kontrolliert wurde". Verena Becker spielte eine wesentliche Rolle beim Mord an Generalbundesanwalt Buback.
- Der Verfassungsschutz hat die rechtsradikale Szene nicht unterwandert, sondern seit Jahren finanziell unterstützt und vor Strafverfolgung geschützt.
- Laut einem BKA-Report von 1997 soll der Verfassungsschutz rechtsradikale Neonazis systematisch geschützt haben. Die Vorwürfe werden mit konkreten Fällen untermauert. V-Leute wurden vor Durchsuchungen gewarnt und einer Straftat überführte Nazis wurden nicht angeklagt und verurteilt, wenn sie als V-Leute arbeiteten. Informationen wurde zu spät an die Polizei weitergeleitet, so dass rechtsradikale Aktionen nicht mehr verhindert werden konnten.
- Bereits 2002 hat das LKA Sachsen-Anhalt dem Verfassungsschutz misstraut und aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht über Exekutivmaßnahmen in der rechten Szene informiert. In einem Vermerk des Bundesinnenministeriums heisst es:
Nach Rücksprache (...) stützen sich die "ermittlungstaktischen Gründe" vermutlich auf die Befürchtung, die Verfassungsschutzbehörden würden ihre Quellen über bevorstehende Exekutivmaßnahmen informieren.
- 2008 wurden Ermittlungen gegen den Neonazi Sebastian Seemann eingestellt. Er baute das verbotene "Blood and Honour" Netzwerk auf und war im schwerkriminellen Millieu aktiv (Drogen- und Waffenhandel). Der Verfassungsschutz warnte ihn vor Exekutivmaßnahmen. Auf Veranlassung des Innenministers Dr. Ingo Wolff wurden auch Anklagen gegen die verantwortlichen Mitarbeiter des Verfassungsschutz wegen Geheimnisverrats und Strafvereitelung eingestellt.
Das ist seit mehreren Jahren bekannt. Konsequenzen? Keine!
- Die mit viel Brimborium verurteilte Sauerländer Terrorzelle wurde vom V-Mann Mevlüt Kar gegründet und für die Vorbereitung "gigantischer Terroranschläge" mit Sprengzündern usw. versorgt. Die Sauerlandgruppe war der dritte Versuch von Mevlüt Kar, eine "Terrorzelle" aufzubauen und an die Behörden zu verraten. M. Kar wurde nie angeklagt.
- Die erste Terrorzelle mit Mutlu A., Mohamed El-A. und Issam El-S wurde am 17. Februar 2003 von der GSG9 verhaftet und am gleichen Tag aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen.
- Die Verhaftung der zweiten Terrorzelle mit Dzavid B., Nedzad B., Ahmed H., Bekim T. und Blerim T. wurde von den Medien weitgehend ignoriert.
- Ein weiterer V-Mann des Verfassungsschutz in der islamistischen Szene war Yehia Yousif, der mittlerweile in Saudi-Arabien lebt und auch eine Schlüsselrolle in der Radikalisierung der Sauerland Gruppe spielte. Außerdem hat Yousif entscheidend zum Erstarken salafitischer Gruppen beigetragen.
- Die Globale Islamische Medienfront (GIMF) drohte 2007 in Videos mit Terroranschlägen in Deutschland. Im Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der GIMF kam heraus, dass der Anführer dieser Gruppe ein V-Mann des Verfassungsschutzes war. Irfan P. soll monatlich 2.500 - 3.000 Euro vom Verfassungsschutz erhalten haben. Gegen den V-Mann wurde keine Anklage erhoben, er wurde nicht verurteilt.
- Die Rolle des Verfassungsschutz bei den systematischen Pannen im Rahmen der Ermittlungen zur rechtsradikalen NSU Terrorzelle wird sicher nicht vollständig aufgeklärt werden. Zu viele Unterlagen wurden vernichtet, als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernahm.
Ohne die zweifelhafte Rolle der V-Leute würden wir ruhiger leben und viele Sicherheits- und Überwachungsgesetze wären nicht durchsetzbar gewesen.
Aktive Rolle bei neuen Überwachungsgesetzen
Bei vielen Überwachungsgesetzen ist der Verfassungsschutz eine treibende Kraft.
- Die Fernmeldeverkehr-Überwachungsverordnung (FÜV) wurde 1995 auf Initiative des Verfassungschutzes beschlossen. Die Verordnung wurde 2002 durch die TKÜV ersetzt und verpflichtete alle Telekommunikationsanbieter mit mehr als 10.000 Kunden zur Installation von Überwachungstechnik, die ein automatisches Ausleiten des Datenverkehrs an Strafverfolger und Geheimdienst ermöglicht (Sina-Box).
- Die Vorratsdatenspeicherung brachte 2009 so gut wie keine Verbesserungen bei Aufklärung von Straftaten im Internet. Trotzdem forciert der Verfassungsschutz im Hintergrund weiterhin die Einführung der VDS (neudeutsch: Mindestspeicherfrist). Nachdem die VDS schon 2002 als nicht vereinbar mit der Verfassung vom Bundestag abgelehnt wurde und auf EU-Ebene offenbar auch nur schwer durchsetzbar ist, beteiligt sich der Verfassungschutz neuerdings aktiv an der Formulierung einer ähnlichen Richtline im Rahmen der UNODC. Geheimdienste sind zweifellos die Hauptnutznießer der vollständigen Protokollierung unseres Kommunikationsverhaltens.
Überwachung politischer Aktivisten
Mehr und mehr entwickelt sich der Verfassungsschutz zu einem Geheimdienst zur Überwachung von politischen Aktivisten und unliebsamen Abgeordneten: