Kommunikationsanalyse ist ein abstrakter Begriff. Anhand eines stark vereinfachten Beispiel soll eine Einführung erfolgen, ohne den Stand der Forschung zu präsentieren.
Das Beispiel zeigt die Analyse einer
subversiven Gruppe auf Basis einer Auswertung der Kommunikationsdaten von wenigen Mitgliedern. Die Kommunikationsdaten können aus verschiedenen Kanälen gewonnen werden: Telefon, E-Mail, Snake-Mail, Instant-Messaging, Soziale Netze…
Für unser Beispiel geben wir der Gruppe den Namen
"Muppet Group", abgekürzt
"mg".
Als Ausgangslage ist bekannt, das
Anton und
Beatrice zur
"mg" gehören.
Durch Auswertung aller zur Verfügung stehenden Kommunikationsdaten von Anton und Beatrice erhält man ein umfangreiches Netz ihrer sozialen Kontakte. Dabei wird nicht nur einfache Anzahl der Kommunikationsprozesse ausgewertet, es wird auch die zeitliche Korrelation einbezogen.
Besonders häufig haben beide (zeitlich korreliert) Kontakt zu
Clementine und
Detlef. Diese beiden Personen scheinen eine wesentliche Rolle innerhalb der Gruppe
"mg" zu spielen. Einige Personen können als offensichtlich
privat aus der weiteren Analyse entfernt werden, da nur einer von beiden Kontakt hält und keine zeitlichen Korrelationen erkennbar sind.
Ideal wäre es, an dieser Stelle die Kommunikation von
Clementine und
Detlef näher zu untersuchen. Beide sind aber vorsichtig und es besteht kein umfassender Zugriff auf die Kommunikationsdaten. Dann nimmt als Ersatz
Frida, um das Modell zu präzisieren.
Frida unterhält vor allem einen engen Kontakt zu
Detlef, was zu einer Umbewertung der Positionen von Detlef und Clementine führt. Bei
Emil handelt es sich evtl. um einen zufällig gemeinsamen Bekannten von Anton und Beatrice, der nicht in die
"mg" eingebunden ist.
Reale Kommunikationsnetzwerke sind etwas komplexer. Auf Grundlage der Daten, die von T-Mobile über den Politiker
Malte Spitz gespeichert wurden, hat Michael Kreil von OpenDataCity die folgende Grafik erstellt.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass man nur die Kommunikationsdaten von 8-10% der Mitglieder einer Gruppe auswerten muss, um ein nahezu vollständiges Abbild der Struktur einer Gruppe zu erhalten. Wer sich tiefer in das Thema einarbeiten möchten kann sich mit der Studie
Rasterfahndung nach Meinungsmachern oder der
Schwulen-Radarfalle beschäftigen.
Im Rahmen der
Vorratsdatenspeicherung (VDS) sollen genau die Datenbestände angelegt werden, die den Geheimdiensten und dem BKA eine umfassende Kommunikationsanalyse ermöglichen. Zur Kriminalitätsbekämpfung und -prävention taugt die VDS nicht, wie ein Vergleich der Kriminalitätsstatistik des BKA für die Jahre 2007, 2008 und 2009 zeigt. Es wird nicht einmal die
erwartete um 0,006 Prozentpunkte höhere Aufklärungsrate erreicht.
|
2007 (ohne VDS) |
2008 (ohne VDS) |
2009 (mit VDS) |
Gesamtzahl der Straftaten |
6.284.661 |
6.114.128 |
6.054.330 |
Aufklärungsrate (gesamt) |
55.0% |
54.8% |
55.6% |
Straftaten im Internet |
179.026 |
167.451 |
206.909 |
Aufklärungsrate (Internet) |
82.9% |
79.8% |
75.7% |
(Tabelle wurde übernommen von JonDonym)
In einem
offenen Brief sprechen sich Richter und Staatsanwälte der Neuen Richtervereinigung (NRV) gegen die Vorratsdatensepicherung aus und widersprechen der Darstellung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und BKA-Chefs Ziercke, wonach die VDS für die Kriminalitätsbekämpfung unbedingt nötig wäre.